2. Herren: Keine Chance, aber die nutzen wir!
- internetseitegeest
- 27. Feb.
- 4 Min. Lesezeit
Überraschender 30:25-Erfolg gegen Lübeck 76
Wie nennt man eigentlich den Effekt, dass eine Mannschaft mit dem Gefühl in ein Spiel geht, keine Chance zu haben, dann aber im Spiel feststellt, dass doch etwas geht, und am Ende den Platz als Sieger verlässt, weil man dem scheinbar übermächtigen Gegner mit einer Strategie und mit Stärken, die man ursprünglich selbst nicht auf dem Plan hatte, begegnet ist? Ist das mit dem Satz „Wir haben keine Chance, aber die nutzen wir“ zu beschreiben? Oder ist es der David-Effekt in Anlehnung an die biblische Geschichte von David und Goliath?
Ganz egal, wie man das bezeichnet, am Sonntag (23.2.) war ein derartiger Effekt in der Kreisliga-Begegnung unserer 2. Herren gegen Lübeck 76 spürbar. Denn: Die Voraussetzungen für dieses Spiel waren denkbar schlecht. Mit Henna, der zeitgleich die F-
Jugend in Mölln coachte, Wilko, der sich beim 1.-Herren-Training am Donnerstag verletzt hatte, Janek, der beruflich verhindert war, sowie dem Langzeitverletzten Tjard fehlte der gesamte Rückraum des Teams. Bei der 34:35-Niederlage eine Woche vorher gegen Beste Trave in Bad Oldesloe hatten Henna, Wilko und Janek das Spiel getragen und mindestens 2/3 der 34 Geesthachter Treffer erzielt sowie zu einem Großteil der restlichen VfL-Tore den entsprechenden Assist geleistet. Zwar standen Trainer Henning Schade mit Kolja, Joni und Nik gegen Lübeck 76 drei Spieler zur Verfügung, die in Bad Oldesloe nicht am Start gewesen waren; alle drei haben ihre Stärken aber keineswegs im Rückraum und sind auch sonst nicht als Goalgetter bekannt. Ohne den etatmäßigen Rückraum, ohne weitere verletzte Spieler, wie Jörg und Sören, die auf der Tribüne Platz genommen hatten – wie sollte der zusammengewürfelte Rest aus acht Feldspielern und zwei Torhütern dann gegen Lübeck 76 bestehen können, gegen die man das Hinspiel mit voller Mannschaft bereits mit 31:36 verloren hatte? Entsprechend gering waren die Erwartungen vor dem Spiel….

Der Verlauf der ersten Minuten schien die geringen Erwartungen dann zu bestätigen. Nach neun Minuten führten die Lübecker bereits mit drei Treffern (3:6). Anders als gedacht gelang es jedoch, den Rückstand zu egalisieren und selbst in Führung zu gehen. Ein ausgeglichener Spielstand war erstmals nach 14 Minuten erreicht (7:7), die erste Führung in der 18. Minute beim 10:9. Was für das Team aber noch wichtiger war: Der erfolgreiche 6:2-Lauf zwischen der 10. und der 18. Minute brachte nicht nur die Führung, er war – im Nachhinein betrachtet ‒ offenbar auch entscheidend für den weiteren Verlauf des Spiels. Zum einen bestätigte er, dass der Ansatz, das Spiel ruhig angehen zu lassen, sich auf die Abwehr zu konzentrieren, den Ball im Angriff ruhig in den eigenen Reihen zu halten und sich zu keinen überhasteten Aktionen verleiten zu lassen, der richtige war. Zum anderen änderte er die Perspektive der Mannschaft und des Trainerteams auf das Spiel. Denn: Neun der zehn Treffer hatten allein Robin und Michi erzielt. Robin u.a. mit schnellen Gegenstößen nach Balleroberungen in der Abwehr und sicheren Abschlüssen von den Außenpositionen, Michi durchsetzungsstark am Kreis nach feinen Anspielen von Kolja. Der 6:2-Lauf hatte die Schwachstellen des Gegners aufgedeckt und dem VfL-Team bewußt oder unbewußt vor Augen geführt, dass es doch nicht ganz so chancenlos war, wenn es nur die verbliebenen eigenen Stärken einsetzen und sich weiterhin diszipliniert an die ausgegebene Marschroute halten würde.
Ob nun bewußt oder unbewußt, die Mannschaft blieb auch fortan bei ihrer Linie. Die Abwehr arbeitete weiterhin aufmerksam, Till im Tor hielt, was zu halten war. Michi ackerte weiterhin am Kreis und legte bis zur Halbzeit (16:13 für unsere Zweite) noch drei weitere Treffer nach; bis zur 46. Minute brachte er es gar auf elf Buden insgesamt. Kolja glänzte weiterhin als Anspieler und zwischendurch auch mal als Torschütze. Und soweit Robin die Treffsicherheit von der Außenposition verließ, sprang Joni in die Bresche. Laut bejubelt wurde besonders der erfolgreiche Sprungwurf von Mario zum 22:17 (43.), der sich bis dahin vorbehaltlos in den Dienst der Mannschaft gestellt und sich im linken Rückraum – genauso wie Matze auf der rechten Seite – mit Würfen zurückgehalten hatte. Marios Tor bedeutete zugleich die erste Fünf-Tore-Führung für die VfL-Handballer.
Ein 3:0-Lauf der Lübecker nach dem 23:18 (46.) ließ die Begegnung noch einmal eng werden, auch weil unser VfL-Team, allen voran Michi, dem kräfteraubenden Spiel Tribut zollen musste. Zwei Tore von Joni, darunter ein überlegter Heber über den zu weit herausgeeilten Lübecker Keeper, sowie zwei Treffer aus dem rechten Rückraum von Matze, der nun Verantwortung übernahm, hielten die Gegner aber zunächst auf Distanz. Kritisch allerdings die Situation 3 ½ Minuten vor Schluss: Beim Stand von 27:25 für die Biber-Handballer entschied der Schiedsrichter nach einem Foul gegen einen Lübecker Außenspieler auf Siebenmeter für Lübeck 76 und auf eine Zweiminutenstrafe gegen unseren Abwehrspieler. Ein verwandelter Strafwurf und die anschließende Unterzahl unseres Teams hätten das Spiel noch einmal drehen können. Hätten! Denn: Der Lübecker Siebenmeterschütze traf den Kopf unseres Torwarts und kassierte dafür die rote Karte. Im Gegenzug die endgültige Entscheidung zugunsten von Michi, Kolja & Co.: Matze verwandelte einen Siebenmeter für unsere Zweite. Sein dritter von insgesamt vier Torerfolgen, die er alle in den letzten sieben Spielminuten verbuchte. ‚Man oft the Match‘ war jedoch Michi. Bezeichnenderweise war es ihm wenige Sekunden vor der Schlusssirene vorbehalten, mit seinem 12. Treffer und dem 30:25 den Schlusspunkt unter eine denkwürdige Begegnung zu setzen. Es war wie das Sahnehäubchen auf einem Spiel, das völlig anders verlief, als man es auf Geesthachter Seite vorher erwartet hatte.
Nach Ende der 60 Minuten konnten sich die Spieler unserer 2. Herren über eine geschlossene Mannschaftsleistung und über den höchsten Sieg in der neuen Kreisliga freuen. Mit 9:13 Punkten belegt die VfL-Zweite nun den achten Tabellenrang und ist auf Tuchfühlung an die vor ihr platzierten Teams herangerückt. Die SG Glinde/Reinbek ist als Tabellenvierter z.B. nur noch zwei Punkte voraus, Lübeck 76 als Sechster gar nur noch einen Punkt. Wenn Henning und seine Mannen auch in den verbleibenden fünf Begegnungen ähnlich geschlossen auftreten wie am Sonntag und wenn es ihnen gelingt, die jeweils passenden eigenen Stärken zu aktivieren wie ebenfalls am Sonntag, können weitere Überraschungen folgen, selbst wenn dies erst unmöglich erscheint. Wie ein derartiger Überraschungseffekt auch immer üblicherweise benannt werden mag; innerhalb der 2. Herren dürfte man künftig über den Lübeck-76-Effekt sprechen.
Die Torschützen: Michael ‚Michi‘ Börger 12, Robin Schweim 6, Jonathan ‚Joni‘ Witt und Mathias ‚Matze‘ Knüppel je 4, Kolja Voigt 2 sowie Mario Frick und Dustin-Joel Genies je 1. (hws, 25.2.2025)
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